7.00 Uhr Nach 40 Jahren läuft die Brendanus aus ihrer Box im kleinen Privathafen von Ampuriabrava aus - und wird nicht mehr zurückkehren! Wir haben alle Habseligkeiten dabei, die sich so angesammelt haben, und werden erst wieder auspacken, wenn wir in Genua angekommen sein werden. „Se come bien en Italia!“ verabschiedet uns Tony, unser Schiffsmechaniker, aber das leckere italienische Essen ist nicht ausschlaggebend für den Wechsel unserer Homebase. Wir freuen uns vor allem auf einen kürzeren Anfahrtsweg von der Schweiz aus und auf ein vielfältigeres Segelrevier. Unsere Bootsplatzvermieterin Heide, die gute Seele, winkt zum Abschied, und auch unsere Nachbarn Evelyn und Bernd wünschen uns gute Winde für die Überfahrt.
8.00 Ein Blick zurück: die markante Skyline von Ampuriabrava verschwindet langsam in der Heckwelle. Wehmut? Nicht bei uns. Wir freuen uns buchstäblich auf neue Ufer. Nur Brendanus zickt noch etwas herum, die Logge geht nicht und auch die Windanzeige ist ausgefallen. Macht nicht allzu viel, es hat eh keinen Wind. Der Motor schnurrt. Der Skipper startet die Elektronik nochmal neu, und dann funktioniert alles.
10.30 Uhr Wir passieren das berüchtigte Cap Creus, und tatsächlich frischt der Wind etwas auf. Natürlich kriegen wir ihn genau auf die Nase, obwohl Südwind angesagt ist… Egal, das wird kein Vergnügungstörn, sondern eine Schiffsüberführung. Wir müssen Strecke machen, also bleiben die Segel unten. 11.45 Uhr Die Brendanus taucht in französische Gewässer ein. Während ich die neue Gastlandflagge hisse, singt Stephan die Marseillaise - er musste den Text mal in der 10. Klasse auswendig lernen und kann ihn immer noch!
Kurz darauf gibt es einen Badestopp „in the open“. Die Wassertemperatur entlockt mir zwar anfänglich ein paar spitze Schreie, aber wenn man mal drin ist 😇! 13.00 Uhr Nach einem bescheidenen Picknick an Bord erneut spitze Schreie! Diesmal ist es Stephan, der Wasser in der Bilge festgestellt hat. Schwitzend und fluchend saugt, pumpt und wischt er es auf. Wo es herkommt, keine Ahnung.
15.00 Ein Hauch von Rückenwind verleitet uns zum Setzen der Genua.
15.30 Der Rückenwind haucht seinen letzten Atem aus, die Genua wird wieder eingerollt.
16.00 Unser Tagesziel, Port Bacarès, kommt in Sichtweite. Dunkle Gewitterwolken auch. Ob wir es noch in den sicheren Hafen schaffen, bevor das Unwetter losbricht?
17.00 Unter Anleitung des Skippers steuere ich die enge Hafeneinfahrt an. Wir setzen einen Funkspruch ab und fragen nach einem Übernachtungsplatz. Während sich die Kumuluswolken auftürmen, textet uns die Marinatante auf Französisch zu. Ich fahre lieber nochmal einen Kreis, da verstehen wir endlich: wir haben zu viel Tiefgang für den Hafen und dürfen daher nicht einlaufen! Na toll, da scheinen unsere Hafenatlanten wohl nicht auf dem neuesten Stand zu sein. 17.05 Was nun? Die nächste Möglichkeit ist Port Leucate 3 Seemeilen weiter nördlich. Gewittertechnisch könnte das noch klappen. Wir schrauben die Drehzahl unseres Yanmar noch etwas höher, ignorieren Küstenwache und Wasserpolizei, die mit Blaulicht ausrücken, und machen um 18.30 Uhr am Besucherquai von Port Leucate fest. 50 Meilen liegen für heute in unserem Kielwasser. 20.30 Erst jetzt gehen Sturm und Gewitter nieder. Die Brendanus zieht ein wenig an ihren Festmacherleinen, lässt aber die Regenschauer unbeeindruckt über sich ergehen. Danach kündigt sich eine ruhige Nacht an, sieht man einmal von der Moskitobrutstätte ab, die sich in den Backskisten unter unseren Kojen befindet.
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