Dieser Moment, wenn der Motor abgeschaltet wird und das Schiff nur mit Windkraft fast lautlos über die Wellen gleitet - einfach immer wieder beglückend. Ebenfalls beglückend der Umstand, dass heute der Wind aus Norden bläst und wir in den Süden wollen. Unser Rigg steht nicht optimal, wir haben etwas zu viel Spiel an den steuerbordseitigen Wanten. Die Saling wackelt einen Tick zu sehr, aber wie sagt mein Schwiegervater immer? Ein Ochsenschwanz wackelt auch und fällt nicht ab! Zum Rigg steht der Kommentar unseres österreichischen Marinenachbarn („so hat des bei mir auch ausg‘schaut, bevor mir der Mast obikummen is‘“) dem Urteil unseres Profiriggers aus Rijeka gegenüber („not perfect, but ok for a short trip“). Wir planen, das Rigg möglichst zu schonen, Starkwind zu meiden und Ruby idealerweise nur von der Genua ziehen zu lassen.
Dafür präsentieren sich heute geradezu perfekte Verhältnisse. Wind aus nördlichen Richtungen um die 15kn, leichte Welle, wärmende Aprilsonne am stahlblauen Himmel. Unser Ziel heisst Unije.
Ruby ist gut vorbereitet. Stephan startet den Motor, wohlwollend beobachtet von unseren neuen Stegnachbarn, die kürzlich nach langen Jahren in Osor ihren Zweimaster nach Cres verlegt haben. Unser herrliches Schiff vibriert vor Freude, nach der Winterpause endlich wieder in See stechen zu dürfen. Fünf Minuten später vibriert gar nix mehr. Die Maschine gibt ein paar seltsam rülpsende Geräusche von sich und stirbt ab. Glücklicherweise liegen wir noch fest vertäut in der Box. Ein Blick in den Motorraum ist nicht besonders aufschlussreich, es zeigt sich lediglich, dass einer der beiden Dieselvorfilter nicht gefüllt ist. Was er eigentlich sein sollte. Nach kurzer Ursachenforschung (ergebnislos) muss eben wieder einmal Team Goran von Shark Service aufgeboten werden. Der junge Bootsmechaniker findet ein Ventil, das unerklärlicherweise geschlossen ist, nach dessen Öffnung der Diesel wieder fröhlich sprudelt und unser Volvo Penta tuckert wie eine Eins.
Wir motoren bis zum Kap Valun, um dort die Windverhältnisse einzuschätzen und zu entscheiden, ob wir segeln können oder nicht. 15kn Nordost bescheren uns dann den eingangs erwähnten Moment. Nur mit der Genua schafft Ruby Spitzengeschwindigkeiten von 7 Knoten (die Strömung schiebt halt auch noch ein bisschen mit), und bei böig auffrischendem Wind müssen wir vor Zeça schliesslich sogar das erste Reff einrollen, um stabil zu bleiben. Das Rennen gegen die „Jarmila“, ebenfalls ein Nachbarschiff aus der Marina mit tschechischer Crew, verlieren wir knapp, aber wir geben ja auch nicht alles…
So liegen wir bereits nach 4 Stunden vor Boje in der Maraçol-Bucht. Ausser uns sind noch zwei andere Segler und ein Motorboot mit Hund da. Was für eine Idylle! Im Sommer findet man hier kaum einen freien Platz. Wir geniessen die Nachmittagssonne im Cockpit und machen anschliessend das Dinghi flott, da ich natürlich auf den obligatorischen Landgang mit Panoramablick vom höchsten Punkt der Insel bestehe. Immerhin springt unser neu erworbener 2PS-Aussenborder auf Anhieb an und befördert uns problemlos an Land. Der Weg ins Dorf berauscht uns mit atemberaubenden Ausblicken, der Ort selbst scheint gerade erst aus dem Winterschlaf zu erwachen. Die Abendfähre aus Rijeka spuckt ein paar wenige Touristen aus, die mitsamt ihren Hartschalenkoffern per Traktorgespann auf die Ferienhäuser verteilt werden. Leider ist unsere Stammkonoba „Kod Joze“ noch geschlossen. Auch hier wird neu gestrichen und gewienert für den bevorstehenden Saisonstart. Also kaufen wir im „Market“ eine Flasche mineralna voda uns setzen uns mit einem Eis aufs Bänkle an den Hafen. Alles sehr gechillt hier.
Zum Ausklang des ersten Segeltages gibt es einen griechischen Salat an Bord, weil wir zum Kochen keine Lust mehr haben. Der Motorbootmann fährt gefühlt alle 30 min mit seinem Beiboot den Hund zum Gassigehen an Land. Allein schon deswegen fänden wir einen Bootshund ätzend. Der Sternenhimmel ist wieder einmal überwältigend, und doch ruft die Koje schon relativ zeitig. Wind und Welle sorgen eben für die nötige Bettschwere.
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