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AutorenbildKerstin

Eiswache

Während der spektakulären Einfahrt in die Kraterbucht (in der vor Jahren das bekannte Weltumseglerpaar Wilts ihre „Freydis“ aufgeben musste) erleben wir wieder einmal eine Überraschung: dort ankert bereits eine deutsche Aluyacht! Henk kennt den Skipper. Es handelt sich um eine Berliner Familie mit zwei Kindern auf Weltumsegelung.

Beeindruckend!

Die antarktische Sonne taucht die Ruinen der verlassenen Walfängerstation in ein goldenes Licht. Die braunen Punkte am Strand bewegen sich: Pelzrobben! Rasch lassen wir unser Dinghi zu Wasser und tuckern ans Ufer. Was für eine Wohltat, die Füsse auf nicht schwankenden Boden zu setzen. Wir geniessen es in vollen Zügen, diese traumhafte subantarktische Insel zu erwandern. Es ist gar nicht so einfach, die vorgeschriebenen 5 m Abstand zu den Robben einzuhalten. Mit ihrem dunkelbraunen Pelz sind sie von den Felsen kaum zu unterscheiden, und wir merken oft erst durch ihr angriffslustiges Fauchen, dass wir versehentlich in ihre Komfortzone eingedrungen sind.

Ich liebe Industrieschrott vor Traumlandschaft und komme aus dem Fotografieren gar nicht mehr heraus.

Bevor wir uns wieder an Bord begeben, verspüren drei hartgesottene Crewmitglieder unbändige Lust auf ein Bad. Unser Texaner macht es vor und stürzt sich in die 10 Grad kalten Fluten. Der Pfälzer geht es etwas vorsichtiger an und kühlt vor dem Eintauchen vorschriftsmässig Arme und Beine ab. Mit einem „I‘m Irish“-Kampfschrei sprintet als Letzter unser irischer Mitsegler ins Wasser.

Später steuert Helmsman Stephan uns bei 20 kn Rückenwind und vollem Tuch weiter Richtung Süden nach Enterprise Island. Nachtsegeln ist angesagt. Es gibt immer mehr umherschwimmende Eisberge und -schollen, so dass wir im 2-Stunden-Turnus Eiswache schieben. Das bedeutet, einer steuert die Sarah im Zickzack durch die Schollen, der andere ist im Ausguck und weist den Weg. Zum Glück bleibt es bis 23 Uhr einigermassen hell. Stephan und ich übernehmen die Schicht von 22-0 Uhr. Wir haben nicht allzuviel Eis und bestaunen einen gigantischen orangefarbenen Vollmond. Henk gesellt sich mit heissem Tee zu uns an Deck. Wir schweigen und geniessen.

Die Morgenwache von 6-8 Uhr gehört für mich zu den eindrücklichsten Erlebnissen unseres gesamten Törns. Bei Sonnenaufgang zieht sich eine tiefliegende Wolkenschicht an den Berggipfeln der antarktischen Halbinsel entlang, während sich der schmale sichtbare Himmelsstreifen darunter in surrealen Pastellfarben von Türkis über Grün und Rosa schliesslich orange färbt. Ich bin so fasziniert, dass ich vergesse zu fotografieren.

Auch der „daily whale“ grüsst mit der Fluke. Besser geht nicht. Wirklich nicht.

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