Voller Erwartung auf die mondänen Orte der Côte d‘Azur, die wir in den nächsten Tagen vorbeiziehen lassen werden, lichten wir frühmorgens den Anker. Wir umrunden ein letztes Mal die Amélie mit dem winkenden Martin, den wir wohl eine ganze Weile nicht mehr sehen werden.
Der Ostwind pustet ohne Gnade auf Brendanus‘ Bug, aber er pustet so schön stetig und kräftig, dass wir nicht anders können als beide Segel zu setzen und halt aufzukreuzen, was soll‘s, dann muss St. Tropez ein bisschen länger auf uns warten. Unser Schiffchen legt sich auf die Seite und pflügt in bekannter Manier durch die Wogen. Was für ein Spass!
Plötzlich der Aufschrei: Rückenflosse in Sicht auf 11 Uhr! Während Stephan steuert, lasse ich wie immer meinen Scannerblick über die Wasseroberfläche schweifen. Haben wir doch erfahren, dass östlich der Iles Huyeres das mediterrane Walschutzgebiet anfängt. Ohne Zweifel nähern sich einige Meeressäuger, vermutlich Delfine. Aber sie bewegen sich langsam und bedächtig. Sie kommen auf uns zu. Haben runde Köpfe und sind schwarz. Wale! Nach unserer Tierbestimmungsapp handelt es sich um Grind- oder auch Pilotwale. Und es sind viele! Neugierig schwimmen sie zum Boot und tauchen darunter ab. Ein mulmiges Gefühl, wenn man nicht weiss, was ein Wal unter dem Boot so vorhat. Wir sehen etwa 10 Tiere aus nächster Nähe und können sie eine ganze Weile beobachten. So ein Glück!
Es stellt sich heraus, dass wir offenbar das Wal-Jagdrevier durchkreuzen. Jedenfalls begegnen uns noch zahlreiche weitere Pilotwale, die um die 5-6 m gross sind, direkt neben der Brendanus herschwimmen und prusten. Uns gelingen sogar ein paar brauchbare Videos. Bei der Vorstellung, dass es im Schutzgebiet auch die wesentlich grösseren Finnwale und auch Pottwale gibt, wird uns ganz anders. Falls uns einer begegnen sollte, wären wir froh über einen entsprechenden Sicherheitsabstand.
Obwohl unser Kurs nun gar nicht mehr stimmt, ist der Tag gerettet. Wir fragen uns augenzwinkernd, warum Leute viel Geld für Whalewatching-Touren ausgeben. Wir erleben auf alle Fälle unser ganz privates Whalewatching.
Wir haben weiterhin Wind und Strom gegen uns und machen beim Aufkreuzen nur wenig Strecke. Daher muss die Genua wieder rein und der Motor an. Für den Rest des Tages steuern wir zwischen immer luxuriöser werdenden Motoryachten gegen sich immer höher auftürmende Wellen an, dass wir schliesslich froh sind, in unserer avisierten Ankerbucht vor St. Tropez zwischen allen nur erdenklichen Luxusyachten ein geschütztes Plätzchen zu finden. Nach dem Abendswim geniessen wir noch einen Sundowner mit Blick auf die fantastische Villa von Sophia Loren und sind gespannt auf die nächste Tagesetappe nach Antibes.
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