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AutorenbildKerstin

Von Nizza nach Ligurien



Nach wenig Schlaf geht es am nächsten Morgen früh weiter Richtung San Remo. Wir wollen in der Marina am Nachmittag ankommen und uns ein wenig in der Stadt umsehen. Wie gewohnt, weht uns der Wind zunächst auf die Nase. Also Motor an und gegenan. Ein wenig mulmig ist dem Skipper bei der ganzen Motorerei schon, da das Schiff doch recht Wasser macht unter Motor. Die Wassereintrittsstelle ist schwer zu lokalisieren, aber in Verdacht steht die Welle des Motors. Diese wurde erst vor kurzem ausgebaut und neue Gummiflanschen eingebaut. Da alle anderen in Frage kommenden Teile trocken sind, liegt die Antriebswelle nahe, auch weil direkt unter ihr das Wasser im Boot unangenehm steigt. Auf hoher See kein so dolles Gefühl. Also wird alle halbe bis Stunde mit der Handpumpe Wasser gelenzt, so dass die Crew im sicheren Bereich ist. Da dieser Zustand jetzt aber schon 8 Tage anhält, wird das Boot auch die nächsten 2-3 Tage noch überstehen....


Die Fahrt nach San Remo verläuft seglerisch unspektakulär. Der angesagte lebhafte Südostwind (auf den wir uns sehr freuen) bleibt irgendwo im Osten stecken, so dass wir mal wieder gegenan motoren müssen (und entsprechend das Wasser aus der Bilge lenzen....).


Allerdings ist die vorbeiziehende Landschafts und Küstenlinie umso interessanter und spannender. Wir passieren Monte Carlo und seine atemberaubende Skyline hautnah, mit Blick auf das bekannte und historische maritime Museum direkt am Wasser.


Kurz nach Menton überqueren wir die italienische Grenze und dürfen wieder eine neue Gastlandflagge hissen. Die Nationalhymne sparen wir uns diesmal, da niemand in der Schule den Text gelernt hat, aber es fühlt sich gut und richtig an, dass Brendanus künftig zumeist Grün-Weiss-Rot an Steuerbord führen wird.

Wir stellen einmal mehr fest, dass wir doch eher die Küstensegler sind. Es macht einfach Spass, die Veränderung der Küstenlinie, deren Bebauung und das Hinterland zu betrachten und zu bestaunen. Nun also bella Italia.



Die Hafenanfahrt nach San Remo ist eindrücklich, das Anlegemanöver gelingt perfekt. Wir können den Landgang kaum erwarten, aber als wir durch die Gassen der Altstadt schlendern, merken wir deutlich, dass die langen Segeltage uns in den Knochen stecken. Wir sind ganz schön müde und können uns nicht aufraffen, ein richtig schönes Restaurant mit Flair zu suchen. Schliesslich enden wir in einer 08/15 Pizzeria, und ich bestelle tatsächlich einen Salade Niçoise, obwohl wir Frankreich doch eindeutig hinter uns gelassen haben.

Später kriechen wir in die Koje und fallen in einen tiefen und traumlosen Schlaf, bis uns am nächsten Morgen Stephans vogelzwitschernder Wecker daran erinnert, dass wir noch nicht am Ziel sind. Es weht recht heftig aus östlichen Richtungen, und der Skipper überlegt kurz, ob wir einen Ruhetag einlegen sollen in der Hoffnung auf günstigere Bedingungen. Nach kurzer Diskussion wird diese Option jedoch verworfen. Weiter, immer weiter heisst die Devise.

Wir laufen aus mit Tagesziel Loano. Dieses Städtchen an der ligurischen Küste soll laut Revierführer ganz nett sein und bietet einen geschützten Hafen zum Abwettern, falls uns doch noch der ursprünglich angesagte Sturm erwischen sollte. Die Windvorhersagen haben sich diesbezüglich allerdings entspannt und prognostizieren mässigen bis frischen Südwind. Leider hält sich der Wind aber mal wieder nicht an die Prognosen, so dass unser alter Motor erneut alles geben muss, um dem verfluchten Ostwind zu trotzen. Er macht das bravourös, und Brendanus gleitet aalähnlich durch die Wellen. Kein Problem, unter Deck Sandwiches zuzubereiten, Seekrankheit war gestern!

Gegen Abend laufen wir in Loano ein und werden positiv überrascht. Den Liegeplatz haben wir per Mail vorreseviert und werden nun von den Marineros hochprofessionell in Empfang genommen. Nicht nur, dass sie uns mit dem Zodiac zu unserem Platz geleiten, sie informieren uns auch, dass Bug und Backbordseite abgefendert werden müssen und welche Festmacherleinen benötigt werden. Lediglich die Anmeldearie im Marinabüro lässt uns spüren, dass wir in Italien sind. Trotz vorab per Mail übersandter Schiffsdokumente muss Stephan nochmal 1000 Papiere ausfüllen und abstempeln lassen. Da waren die Franzosen schon deutlich besser organisiert!

Ein deutscher Eigner lobt unser schönes Schiff, die Sanitäreinrichtungen sind top, und auch sonst finden wir den Hafen so ansprechend, dass ich ihn mir alternativ zu Genua als Homebase vorstellen könnte. Allerdings sind wir so platt, dass wir auf eine Stadtbesichtigung verzichten. Es wird ja sicher nochmal einen Ligurien-Côte d‘Azur-Törn geben.

Der neue Tag startet mit Regen und etwas Wind. Gemäss aktueller Vorhersage sind kleine Wellen von 30 cm zu erwarten. Als wir die Hafenausfahrt passieren, scheint der Wind nicht schlecht zu sein, und der Skipper gibt das Kommando zum Segelsetzen. In der Tat können wir 1-2 Stunden hart am Wind segeln mit kräftezehrenden Wendemanövern, aber wir machen wegen der Strömung so wenig Fahrt, dass wir irgendwann aufgeben und doch wieder Motorunterstützung brauchen. Die Wellen türmen sich auch immer höher auf, so dass einiges Steuergeschick vonnöten ist, um einigermassen stabil im Wasser zu liegen. Nun macht sich doch bei uns beiden ein gewisses flaues Gefühl in der Magengegend bemerkbar. Die Schaukelei ist auch echt zermürbend.

Vorbei an Savona und Arenzano erreichen wir schliesslich die Einfahrtszone von Genua, wo wir prompt auf Kollisionskurs mit einem riesigen Containerschiff liegen. Wir müssen daher vom Kurs abweichen, was uns einiges an Zeit kostet.



Aber Genua kommt in Sicht! Die Ansteuerung unserer Marina ist gar nicht so einfach, aber endlich ist sie in Reichweite. Gigantisch, was da alles an Industrie zu sehen ist. Werften, in denen Kreuzfahrtschiffe gebaut werden. Der Flughafen, wo ein ständiges Kommen und Gehen in der Luft herrscht. Mehrere alte Dreimaster an der Pier.


Wir staunen und drehen unsere Runden, bis ein ameisenkleiner Marinero uns in dem undurchdringlichen Mastenwald zuwinkt und den Weg zu Steg A, Platz 56 weist. Hier liegt sie nun, unsere Brendanus, Bug voraus am Steg, sicher vertäut mit fast armdicken Moorings. 385 Seemeilen in 10 Tagen liegen hinter ihr (und uns!). Unsere StegnachbarInnen heissen Stefano, Teresa, Luigi, Annalisa und Pasquale. Alle sind supernett und begeistert von unserem schönen Schiff. Wir sind angekommen. Es wird gut werden.







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