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AutorenbildKerstin

Von vorne nach hinten, von links nach rechts…


Dieses Gefühl, nach längerer Abstinenz wieder sein Boot zu betreten, den Niedergang aufzuschliessen, den Geruch des monatelangen Nichtgebrauchs einzuatmen - es entschädigt tatsächlich für eine strapaziöse Anreise mit stundenlangem Stau in Südfrankreich!

Wir wollen mit der Brendanus entlang der Costa Brava südwärts segeln, in Ankerbuchten übernachten und unseren Traum verwirklichen, auf eigenem Bug im alten Stadthafen von Barcelona einzulaufen. Dort werden wir unsere Tochter aufgabeln und gemeinsam mit ihr auf die Balearen übersetzen. Mallorca oder Menorca, vielleicht auch beides, je nach Laune der Windgötter.

Soweit der Plan.

Noch am Abend des Ankunftstages geht die übliche Rödelei los: Putzen, Gepäck verstauen, seefest natürlich, dann das Schiff überhaupt mal segelfertig machen, sprich Genua und Grosssegel auftakeln, Lazyjacks installieren, Rettungsmittel griffbereit verankern. Auch der neu erworbene Aussenborder fürs Dinghi wird an Bord gehievt.

Dann die Orientierungsphase: wo war auf der Brendanus nochmal das Seeventil fürs Spülbecken? Haben wir genügend lange Festmacherleinen? Funktioniert die Navigation? (Bei mehreren Booten kann man schon mal den Überblick verlieren 😎).

Lebensmittel für 2 Wochen und Trinkwasser werden gebunkert, kleinere Ausbesserungsarbeiten vorgenommen. Schliesslich: Leinen los und auf nach Can Tuna, einer Ankerbucht mit Bojenfeld. Spannend, wenn man das Revier noch gar nicht kennt, ganz anders als im kroatischen Kvarner, wo wir mittlerweile aus dem Effeff sämtliche Schutzbuchten für alle erdenklichen Wetterlagen ansteuern können.

Die erste Überraschung: es gibt ganz ordentliche Wellen hier, obwohl wir bei nur 10-15 kn Wind segeln. Wir machen also nicht wirklich viel Fahrt und müssen schlussendlich den Motor zur Hilfe nehmen, da wir gerne noch im Hellen am Übernachtungsplatz ankommen möchten. Brendanus pflügt freudig durch die Wogen und segelt bei 15 kn und vollem Tuch noch extrem stabil. Freude herrscht. Noch. Wir geniessen den Blick auf vorbeiziehende Inselchen und felsige Badebuchten. Alles ist gut.

Als wir am späten Nachmittag Can Tuna ausmachen, fühlen wir uns ziemlich durchgeschüttelt und bereiten das übliche Bojen- bzw. Ankermanöver vor. Bei reichlich Schwell aus West wollen wir möglichst im geschützten Südteil der Bucht vor Anker gehen. Jedoch: das ist absolut unmöglich! Die ganze Bucht liegt voll mit kleineren Motorbooten, um die wir auf keinen Fall Slalom fahren können, um zum gewünschten Ankerplatz zu gelangen. Was noch auffällt: kein einziger Segler ist in der Bucht zu sehen. Was mag es bedeuten??

Uns bleibt also nichts anderes übrig, als an einer der beiden freien Bojen festzumachen. Klappt auf Anhieb. Aber sogleich wird das Problem offensichtlich. Brendanus hüpft im einfallenden Schwell wie ein Gummiball von vorne nach hinten, von links nach rechts…

Unnötig zu erwähnen, dass das die ganze Nacht so bleibt. Ich bin seekrank, was sich vor allem in Schwäche und Kopfschmerzen äussert. An Kochen ist nicht zu denken. Obwohl wir den ganzen Tag nichts gegessen haben, muss ein eilig zusammengeschnippelter Tomatensalat reichen. Trotz allem schlafe ich im mittschiffs aufgeschlagenen Lager relativ gut. Der Skipper hingegen relativ gar nicht.

Wortkarg verlassen wir die unselige, wenn auch durchaus malerische Bucht am nächsten Morgen sehr früh. Zweifel an der Törnplanung kommen auf: alle Buchten sind nach Osten offen, wir können doch nicht jede Nacht so rumhoppeln?! Und hat unser Voreigner vielleicht deshalb immer nur in Marinas übernachtet?

Bei Wind und Welle von hinten segeln wir grübelnd unter Genua weiter und entscheiden alsbald, nicht wie vorgesehen bei Tossa de Mar zu ankern, sondern die Marina Blanes anzulaufen. Ein Liegeplatz ist telefonisch schnell reserviert.

Ganz ehrlich: bereits nach 2Tagen und einer Nacht Dauergeschaukel macht uns ein ruhiger Schlafplatz richtig happy. Wir haben den üblen Verdacht, dass wir für eine Atlantiküberquerung möglicherweise ungeeignet sind. Und das Thema Balearen wird vorläufig nicht mehr erwähnt….

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